Lillys Tagebuch - Episode1
Lillys Tagebuch
Ein Artikel für die Protection News 2/2009

Lilly hieß eigentlich Ninja und wurde von Lisa und Dirk als Pflegehund aufgenommen. Aber binnen kürzester Zeit war die Kleine ihnen so ans Herz gewachsen, dass sie sich nicht mehr von ihr trennen konnten und sie adoptierten sie.
Lilly ist jung, neugierig, unerfahren und hat, wie es sich für einen jungen Hund gehört, nur Flausen im Kopf.
Solche Hunde können eine wahre Herausforderung für die Adoptiveltern sein, aber die beiden meistern diese Aufgaben mit stoischer Gelassenheit.
Na ja, zumindest bemühen sie sich.

Über den Unsinn, den Lilly veranstaltet und somit ihre Adoptiveltern manchmal an den Rand der Verzweiflung treibt, kann man als Außenstehender und somit Nicht-Betroffener natürlich schmunzeln.
Jetzt hat uns eine Email erreicht, die Lilly an ihre ehemaligen Hundefreunde in Spanien geschickt
hat. Hier kann man schwarz auf weiß lesen, dass jede Medaille zwei Seiten hat.


netterweise haben meine zweibeinigen Adoptiveltern ihr technisches Gerät, mit dem sie ab und an zugange sind, liegen lassen. Es hat zwar etwas gedauert, bis ich den Öffnungsmechanismus „überlistet“ habe, aber irgendwann war es dann so weit.

Ein kurzes „Krack“ und schon ging der Deckel von der „Tippermaschine“ auf. Jetzt liegt zwar so ein kleines Plastikteilchen auf dem Boden, aber das wird schon nicht so schlimm sein.
Meine Zweibeinereltern haben mir schon ganz andere Dinge verziehen.

Ohne diese beweglichen Krallen, wie sie die Zweibeiner haben, ist so was aber auch wirklich schwierig. Bisher habe ich jedoch immer alles aufbekommen, was ich wollte! Gut, mit dem Metalleimer für den Verpackungsmüll habe ich mich etwas schwer getan, aber zum Glück hatten wir im Urlaub ein ähnliches
Modell aus Kunststoff. An dem konnte ich schon einmal etwas üben.
Ist nie so ganz einfach mit neuen Sachen. Außerdem muss ich immer erst warten, bis keine Zweibeiner mehr
in der Nähe sind. Die stellen sich immer so an. Ihr wisst schon, was ich meine. Aber es hat sich gelohnt. Mein
Adoptivpapa kocht im Urlaub häufig, aber wir kriegen davon nix ab oder nur ein klitze-klitze-super-klitze-kleines
bisschen, auf jeden Fall zu wenig.

Dafür packen die immer alles in diese blöden Eimer. Aber nicht mit mir, habe ich mir so gedacht. In Spanien sind wir mit ganz anderen Dingen fertig geworden.
Schwuppdiwupp, linke Pfote hinter den Eimer, mit der Nase nachgeholfen und fertig war unser nachmittägliches
Schlemmerbuffet. Tatsächlich war da noch soviel über, dass es für mich und meinen neuen Kumpel Apollo gereicht hat. Er ist immer etwas zaghaft, wenn es um solche Aktionen geht, aber anschließend ist er doch froh, dass ich es wieder mal geschafft habe, etwas außer der Reihe zu organisieren.
Wenn die Zweibeiner dazu kommen, veranstalten die immer ein riesiges Palaver. Deswegen muss man sich
auch beeilen. Alles muss ratz-fatz über die Bühne gehen. Da bleibt für große Sortier- und Aufräumaktionen keine
Zeit.
Was spricht denn dagegen, dass sie uns das gute Zeug direkt geben? Dann bräuchten wir uns auch nicht soviel
Mühe geben und außerdem, für wie blöd halten die uns eigentlich. Wir haben zwar vier Beine ohne bewegliche
Krallen, aber wir haben doch A U G E N!
Den Rest kriegen wir auch so hin. Auch wenn sie sich ganz schlau vorkommen und irgendwas auf den
Eimerdeckel legen. Dafür brauche ich keine 10 Minuten. Gut, gut, ich will nicht übertreiben, beim letzten Mal hat es etwas länger gedauert, aber das Ding auf dem Eimer war echt sauschwer. Hat Apollo auch gesagt!
Aber so richtig ist in diesem Eimer nichts drinnen. Nur Tüten und leere Verpackungen. Die kann man zwar
ausschlecken, aber davon wird man doch nicht satt. Dann noch die viele Arbeit mit dem Umsortieren, alles
durcheinander, man blickt gar nicht durch, wo die guten Sachen drin sein sollen. Nur so als Tipp, erstmal
alles breitflächig verteilen und sich dann systematisch mit den einzelnen Fundstücken beschäftigen.
Stellt Euch vor, die letzten Male war der Eimer sogar leer. So weit ist es schon gekommen.
Das macht mich noch wahnsinnig, wer weiß, wann ich wieder was bekomme. Ich kenne das ja noch aus der Zeit
als ich ganz klein war, und das ist noch gar nicht so lange her. Mein Kumpel Paolo, eigentlich ja Paul, weil seine Mutter mal ein Tête-à-tête mit einem fast reinrassigen deutschen Schäferhund hatte, hat damals immer gesagt: „Nimm, watte kriegen kanns und verputze es, so schnell wie geht, bevor et dir’n anderer klaut. Wer weiß wanne datt nächste Mal wieder watt zu schnabbulieren kriss“.
Zum Glück klaut Apollo mir nix und noch größer ist unser Glück, wir kriegen hier morgens und abends was zu futtern.
Ich wüsste gar nicht, wie ich das sonst den ganzen Tag aushalten sollte. Und wenn die Zweibeiner uns alleine lassen wollen, kriegen wir immer ganz leckere Sachen und jeden Tag was anderes. Mal gibt es Trockenfeisch, dann ein Schweineohr oder ein Gummiball mit kleinen Leckerlis. Das ist eigentlich  das Beste. Ich freue mich schon richtig darauf, dass unser Adoptivpapa endlich seine Schuhe und seine Jacke anzieht.
Dann kommen die guten Sachen auf den Tisch. Nicht, dass ich damit sagen will, dass es bei uns nichts Gutes
zu Essen gibt, ganz im Gegenteil.
Morgens gibt es immer „Spezialmenü“, wie Apollo das nennt.
Nix da „von de Büchs“, richtiges Zweibeineressen. Na ja, es sieht zumindest so aus. Abends gibt es dann nur schnödes Trockenfutter, aber Hauptsache was zu futtern. Und… Und immer zu wenig. Noch nicht einmal Nachschlag gibt es hier.

Irgendwie habe ich mir das anders vorgestellt. Aber manchmal geht es ja. Heute morgen gab es unser Frühstück und der Zweibeinerpapa hat schon mal sein Frühstück aus dem Kühlschrank geholt, ist aber dann aus meinem Augenwinkel verschwunden. Als ich nachschauen wollte, war er nicht mehr in der Küche. Erst dachte ich, er wäre einfach so verschwunden, ohne uns den wohlverdienten Nachtisch zu hinterlassen, aber im Zimmer nebenan habe ich noch Geräusche gehört.
Blöderweise hat er auch noch die leckeren Sachen, wie den Käse und die Wurst auf den Schrank gestellt. Aber
was sehen meine trüben Augen. Auf der Anrichte liegt ein duftendes Brot, meine Zweibeiner nannten es gestern übrigens „superleckeres Oliven - Giabatta“ und gleich daneben englischer Eierkuchen.
Hmmm, na wenn das kein Wink des Schicksals ist. Mein Papa will mich auf die Probe stellen, ob ich mir mein
Leckerli auch selber holen kann. Und ob! Also habe ich mir erst das Brot, übrigens wirklich superlecker, sollte
Papa jetzt öfters liegen lassen, vom Tisch geholt und sofort auf meinen Platz in Sicherheit gebracht. Bei Apollo weiß man ja nie. Vielleicht klaut er mir das leckere Brot ja doch. In Null-Komma-Nichts habe ich das Brot vertilgt.
Die letzten Happen waren etwas schwierig, weil, wirklich empörenderweise, sowohl Butter, als auch Belag fehlten.
Aber dafür habe ich mir dann noch den Kuchen geholt. Den auszupacken war etwas komplizierter, weil meine
Zweibeinermama solche Dinge immer in eine Plastikhaut einwickelt. Dabei schmeckt die gar nicht. Aber auch diese Unwägbarkeiten löse ich inzwischen recht schnell. Genau der richtige Nachtisch, sage ich Euch!
Schön saftig und nicht zu süß. Den Apfel habe ich dann noch fix hinter das Sofa gerollt, weil ich Schritte gehört
habe. Wer weiß, ob der auch wirklich für mich war. Zweibeiner können manchmal verdammt komisch sein.
Und Apollo? Sorry, aber es war einfach zu lecker. Vielleicht darfst Du nachher mal an meinem Apfel knabbern. Freudestrahlend und schwanzwedelnd begrüße ich anschließend meinen Papa. Er wird bestimmt stolz auf mich sein. Ganz alleine habe ich die Leckerlis gefunden, mir SELBER geholt, ausgepackt und aufgegessen.
Und das Ganze ohne eine großartige Sauerei zu hinterlassen. Er wird sogar ganz besonders stolz auf mich sein!
Aber er hat sich nicht gefreut, er hat auch nicht geschimpft, vielleicht etwas gemeckert, aber vor allen Dingen sah er traurig aus. Er wollte sich auch nicht trösten lassen und hat mich immer weg geschubst. Ich glaube, er wollte uns mit den leckeren Sachen überraschen und ich habe ihm diese Überraschung vermiest. Es tut mir echt leid, aber die Zeichen waren so eindeutig.
Apollo hat dann sogar noch ein Stück Trockenfeisch bekommen und ich nicht. Das ist ja echt gemein. Aber ich
habe ja noch meinen Apfel. Davon kriegt dann eben auch keiner was ab!

Macht’s gut. Ich melde mich wieder

 

Kleiner Nachtrag vom Zweibeinerpapa zum Thema "Ansichtssache":

Das superleckere Giabatta (Größenvergleich 1,5l-Flasche)

und ein Foto der erwähnten Mülltrennung